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Tag 13: Gemeinsam kann man auch mal Verbotenes tun

Die Nacht in Bezana war ein absoluter Traum – ein Zimmer ganz für uns alleine und auch in den Nachbarzimmern nur bekannte und gemochte Menschen. Die Hospitalera teilte uns am Vorabend noch mit, dass wir zum Frühstück in ihr Café kommen sollen, auch würden wir dann die Bezahlung der Zimmer regeln. Schon schön, wie viel Vertrauen sie in ihre Gäste hat und das Geld nicht sofort einfordert. Wobei es jeder verstanden hätte, da es so herum eigentlich normal ist auf dem Camino. 

Beim Frühstück treffen wir alle anderen Mitbewohner der Albergue wieder, genießen einen leckeren Kaffee und ein Tostado mit Marmelade. Beim Bezahlen stelle ich mit Verwunderung fest, dass das Frühstück im Übernachtungspreis inbegriffen ist. Unfassbar – so ein angenehmer Ort für nur 12€!

Für den heutigen Tag steht eine Entscheidung an, die wir bis jetzt hinausgezögert haben und auch noch weiter vor uns her schieben werden. Es gibt eine Eisenbahnbrücke, die zu überqueren verboten ist, da hier im 20 Minuten-Takt Züge durchfahren und wohl vor einiger Zeit ein Pilger mal in Panik ausgebrochen ist, als 2 Züge gleichzeitig über die Brücke gefahren sind, während er sich darauf befand. Seitdem ist das Überqueren offiziell verboten. Dieses 100m-Stück zu umlaufen würde 7 Extra-Kilometer bedeuten, die letzte Alternative ist, für eine Station den Zug zu nehmen. Wir entscheiden, dass wir vor Ort entscheiden.

Also zieht es uns durch kleine Dörfer und Landstraßen, Klarina läuft weiter in Gerts Schuhen und erinnert damit ein wenig an eine watschelnde Ente, bis wir im Ort vor besagter Brücke landen. Ein Einheimischer weist uns den Weg und zeigt explizit auf die Brücke – wir sollen da lang. Der Beschluss steht: Wir sehen uns die Brücke an und sehen dann weiter. Neben den Gleisen ist ausreichend Platz, wir gehen also darüber und für die nächsten 10 Minuten sehen wir auch keinen Zug. Pipifax!

Die nächsten Kilometer ziehen sich, da wir nach einem Getränk und einer Möglichkeit zur Rast lechzen, aber es auch heute, wie bisher jeden Tag auf dem Camino, kaum Restaurants, Bars oder Cafés gibt. Und wenn doch, haben sie meistens geschlossen.

Mitten in einem äußerst romantischen (nicht!) Industriegebiet teilt sich die mittlerweile vor flirrender Hitze glühende Straße und wir entdecken einen San Miguel Schirm! Jawoll ja!!!

Schon nach wenigen Minuten trifft auch Nancy ein und wir lassen unsere Telefondame Klarina in ihrem perfekten Spanisch (nicht!) Betten für 4 in einer privaten Albergue in Santillana del Mar reservieren. So müssen wir uns abermals nicht stressen, müssen nicht superschnell in der Herberge sein. Die nächsten Kilometer laufen wir nun zu viert und auch Lex gesellt sich bald hinzu, reserviert für sich auch ein Bett und wir gehen die letzten rund 7km gemeinsam. Die Gruppe teilt sich auf, findet wieder zusammen, der eine spricht mit dem anderen und wieder ein anderer kommt hinzu. Wie schon in den vergangenen Tagen lasse ich Musik zur Motivation laufen, diesmal trägt uns ABBA über den fürchterlichen Asphalt. 

Die letzten 3 Kilometer ziehen sich ganz schlimm, es weht kein Wind, die Hitze steht auf der Straße und wir schleppen uns schon ein wenig dahin. Der letzte Abstieg bereitet uns auf einen tollen Anblick auf die Dächer der mittelalterlichen Stadt, die laut meinem Reiseführer das spanische Rothenburg ob der Tauber sein soll. Endlich angekommen erleiden wir leider einen kleinen Kulturschock, die Stadt ist durchzogen von Souvenir-Läden und Touristen schleichen in Massen durch die schönen alten Gassen.

An der ersten Bar kommen wir mal kurz bei einem Ankommensbier runter und suchen den Weg in die Herberge. Diese stellt sich als ein altes Haus aus dem 16. Jahrhundert heraus; Ritterrüstungen, alte Bilder, Statuen und schwere Möbel lassen uns fast wie Könige und Prinzessinnen fühlen. Wir bekommen ein 6er Zimmer zu fünft mit eigenem Bad, mit für das Pilgerauge fast unbegreiflichem Luxus und Zugang zu einer kleinen, mit drei anderen Zimmern geteilten Terrasse.

Es folgen ein schneller Einkauf im Supermarkt, Weinchen auf der Terrasse sowie einem anschließenden Abendessen, das sogar ziemlich ausgezeichnet ist. Es folgt weiterer Wein auf der Terrasse als Afzakkertje, wobei Nancy und Lex die Runde schnell Richtung Bett verlassen. Wir drei genießen den Sonnenuntergang, den Wein und die Gesellschaft, unterhalten uns und fallen anschließend in einen wunderbar erholsamen Schlaf.

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