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Vorbereitung auf den Jakobsweg: Die Ausrüstung.

Jakobsweg Vorbereitung

Sollte man für den Jakobsweg trainieren? Sollte man sich überhaupt vorbereiten, einlesen, ein wenig planen und sich neu einkleiden? Das sind Fragen, die immer wieder in den einschlägigen Foren und den Facebook-Gruppen auftauchen, aber auch mir in regelmäßigen Abständen gestellt werden. Ich muss euch allerdings enttäuschen: Die eine richtige Antwort gibt es nicht. So individuell jeder Camino ist und so einzigartig er sich jedem Einzelnen offenbart, so unterschiedlich sind auch die Herangehensweisen und Vorbereitungen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er sich dieser Reise nähert, ob er lieber alles auf sich zukommen lässt, oder doch wenigstens einen kleinen Backup-Plan in der Hosentasche mitträgt. Dieses breite Spektrum an Möglichkeiten ist aber wunderbar und macht den Camino zu einem außergwöhnlichen Ort für Menschen, die aus unterschiedlichen Kulturen, Ländern, Religionen kommen und dennoch zusammen finden, da sie hier eine Gemeinsamkeit haben, dank der gar nicht so viel Bla-Bla geschehen muss, bevor man sich versteht und sympathisch ist – manchmal braucht es noch nicht einmal einen Namen.

Jeder Pilger, Wanderer – jeder Reisende startet seinen Camino mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Jeder einzelne macht sich Gedanken, hat vielleicht sogar ein wenig Furcht, zumindest aber Respekt vor seinem ersten Camino. Der Fragen gibt es viele, was ein Blick in Foren und Gruppen mir immer wieder aufs Neue bestätigt. Daher möchte ich in den kommenden Tage auf diesem Blog eine Themen-Reihe rund um die Vorbereitung auf dem Camino starten. Da es hier so viele Aspekte gibt und dieser Beitrag sonst ellenlang würde, teile ich die Themen auf und beginne heute mit der Ausrüstung.

Lieber Ultraleicht-Rucksack, Seiden-Schlafsack und Funktionswäsche oder doch lieber Armee-Rucksack, eingelaufene Sandalen und Jeans – gesehen habe ich schon alles auf meinen vergangenen Reisen und pauschal lässt sich da gar nicht sagen, was besser ist. Der eine läuft ausgezeichnet in Jeans und Chucks (jaha…. da gibt es sogar ein Blog drüber: jakobsweginchucks.wordpress.com), der andere schwört auf Merino-Socken und richtige Wanderstiefel. Ich gehöre definitiv zu letzteren, habe diese Kombination einfach für mich erprobt und halte mich da gerne an “Never change a winning team“.

Rucksack

Wer auf der Suche nach dem passenden Rucksack oder richtigen Schuhen ist, sollte hier keine Blindkäufe starten, sondern sich wirklich beraten lassen, probieren und austesten. Ich muss zugeben, dass ich mich sowohl beim Kauf meines Rucksacks als auch meiner Schuhe nicht an diesen Rat gehalten habe, sondern aufgrund meiner damaligen Situation kurz nach Ende meines Studiums nach Schnäppchen Ausschau gehalten habe. Den Rucksack (Deuter Act Lite SL 50+10*) hatte ich zwar einmal aufprobiert und dabei festgestellt, dass er sich gut auf dem Rücken und passend zu meiner Körpergröße angefühlt hatte, konnte dann aber einen echten Schnapp mit dem Vorjahres-Modell machen. Hier ändert sich selten etwas hinsichtlich der Funktionalität, sondern meist sind die Farb-Kombination, die wechseln. Und die war mir mit Blick auf den Preis herzlich egal. Dieser Rucksack hat nun 1.300km auf dem Jakobsweg, 2.500km durch Kuba und einige kleinere Reisen hinter sich. Die Rucksackreise durch Kuba hat sich ein wenig auf dem Rucksack verewigt, was der Funktionalität allerdings keinen Abbruch tut.

Jakobsweg Vorbereitung


Geärgert hatte ich mich, als eine Schnalle der seitlichen Kompressionsriemen ihren Geist aufgab (und das dürfte sogar auf dem Jakobsweg 2011 gewesen sein) und man mir im Fachgeschäft mitteilte, dass es für den Act Lite dort keine passenden Ersatzschnallen gab, allerdings welche der Hausmarke. Wollte ich diese aber verwenden, hätte ich den Riemen aus der Naht lösen, die neue Schnalle einfädeln und den Riemen wieder einnähen müssen. Viel Aufwand für eine kleine Schnalle, dazu war es ungewiss, ob die neue Naht die Spannung aushalten würde. Vor wenigen Wochen kam ich auf die glorreiche Idee, einfach mal beim Hersteller selbst anzufragen, wie ich denn am besten an das eine Ersatzteil käme – wenige Tage später hatte ich es kostenlos im Briefkasten. Ich war mehr als überrascht und freue mich noch heute über diesen erstklassigen Kundenservice!

Schuhe

Die Schuhe waren ein absoluter Blindschuss und ich habe wahnsinniges Glück gehabt, dass sich alles so gefügt hat wie gedacht. Auch hier hatte ich vor meinem ersten Camino 2010 einen Vorjahres-Schnapp im Internet gemacht. Ehrlich, das war ein Wahnsinns-Zufall und raten würde ich niemandem dazu. Mein Glück war dennoch, dass ich mir bis heute keine einzige Blase in diesen Schuhe gelaufen habe, sie von Anfang an wie angegossen saßen und ich keinerlei Probleme damit hatte. Die Lowa Renegade GTX* kann ich mit Sicherheit empfehlen, rate aber dennoch jedem, sie ausgiebig zu testen, anzuprobieren und nach dem Kauf auch unbedingt einzulaufen, bevor ihr auf die große Reise geht. Ich habe selten so viel Glück, aber hier hatte ich es mal!

Als zweites Paar Schuhe hatte und habe ich Crocs dabei – die sehen zwar ziemlich bescheiden aus, allerdings ist das auf dem Camino wirklich zweitrangig. Sie sind einfach superleicht, ich kann sie außen am Rucksack befestigen, unter der Dusche sind sie perfekt und trocknen superschnell und schlussendlich ist das Gefühl in Crocs nach 8 – 10 Stunden in den Wanderstiefeln, als würde man auf Wolken wandeln.

Jakobsweg Vorbereitung

Schlafsack

Für mich ist ein Schlafsack absolute Pflicht. Auf meinem ersten Weg hatte ich zudem noch ein Seiden-Inlett dabei, die Kombination war auch wirklich gut, zumal ich im Oktober / November unterwegs war. Diesmal reise ich im warmen Juni auf den Camino, da reicht der leichte Schlafsack absolut. Mit muss er, auch wenn mancher Wichtig-Pilger nun wieder sagt, dass die Decken in den Herbergen auch ausreichen und ich so 700g Gewicht einsparen würde. Klar, in vielen Herbergen gibt es Decken, aber darunter schlafen möchte ich nicht, habe sie im Oktober nur im äußersten Notfall über dem Schlafsack genutzt, wenn es wirklich kalt war. Ich möchte mir da einfach keine Gedanken drüber machen, wie viele Menschen schon darunter geschlafen haben. Mit Bettwanzen hatte ich seinerzeit meine Bekanntschaft gemacht, da muss ich es nicht noch darauf anlegen.

Sonstiges

Die Frage nach der Ausrüstung, der Anzahl der Unterhosen & Socken und der Notwendigkeit des einen oder anderen Kleidungsstücks ist eine immer wiederkehrende Frage in den einschlägigen Foren und auf Facebook. Tipps gibt es hier immer und überall für jeden Neuling, doch die Erfahrung muss jeder für sich selbst machen. Die allgemeine Faustregel für das Rucksackgewicht liegt bei 10% des eigenen Körpergewichts. Das ist schwer zu schaffen, außer man verzichtet wirklich auf jeglichen Luxus. Ich möchte nicht darauf verzichten, weiß aber, dass ich mit einem Rucksackgewicht von rund 11kg immer recht gut gefahren bin. Dieses Jahr habe ich mir als Ziel gesetzt, unter der 10kg Marke zu bleiben – ich bin sehr gespannt, ob das klappt. Es muss eben jeder für sich entscheiden, welche Gegenstände und welches Kleidungsstück egentlich entbehrlich ist, man aber nicht wirklich darauf verzichten möchte.

Im Grunde reicht es vollkommen, je zwei Sätze dabei zu haben: Hosen, Unterwäsche, Shirts, Pullis, dazu eine Regenjacke oder ein Poncho, eventuell Gamaschen oder eine Regenhose. Ich halte mich hier nicht an die 2er-Regel, zumindest was Unterwäsche und Socken anbelangt, sonst kann aber auf alles andere in größerer Anzahl verzichtet werden. Eine Klamotte hat man an, die andere ist im Rucksack, wird gerade gewaschen oder trocknet.

Der Camino hält einem eben sehr schnell vor Augen, dass man mit wenigen Dingen zufrieden sein kann und auch nicht viel mehr zum Leben (auf dem Weg) benötigt. Und das schreibe ich nicht nur aus dem Grund, da man eben alles weitere auch tragen muss, sondern dass man es wirklich gar nicht benötigt. Von erfahrenen Pilgern hört man immer wieder, dass der Camino einem gibt, was man braucht. Das habe ich mehrmals erlebt und würde es sehr wohl als Wunder des Caminos bezeichnen. Anders herum ist es aber auch so, dass der Camino einem nimmt, was man nicht braucht. Mir ging es 2010 so, dass mir trotz sorgsamen Verhaltens genau die Dinge abhanden gekommen sind, die überflüssig waren (mal abgesehen von meinem Buff-Tuch).

Der Camino ist einfach unbeschreiblich.
In jeglicher Hinsicht.

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