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Tag 17: Da ist das Meer. Endlich!

Heute wird ein guter Tag, heute werden wir das Meer das erste Mal sehen und ein Blick aus dem Fenster verspricht wieder mal bestes Wetter. Was haben ein Glück auf dieser Reise mit dem Wetter: bis auf den Morgen vom O Cebreiro hinab haben wir die Regenkleidung kein einziges Mal gebraucht. Das bedeutet, wir werden heute im Gegensatz zu 2015 auch etwas vom Ausblick genießen können – damals haben Nebel und Nieselregen uns Brillenträgern so gar keinen Spaß gemacht. Doch erst einmal begrüßt uns der Morgen mit Schrecken.

Die Kinder hat es nun doch erwischt, Bettwanzenbisse in nicht geringer Zahl offenbaren sich. Wir wissen das zwar einzuordnen: Opfer dieser Mistviecher kann man auch im 5 Sterne-Hotel werden: je nachdem, wer vorher im Zimmer war und sie mitgebracht hat. Sie wandern nämlich gerne unentdeckt im Gepäck mit und breiten sich dann am Zielort weiter aus. Nun heißt es Daumen drücken, dass sich die Bisse mit Arnika, Fenistil und co unter Kontrolle halten lassen und der Juckreiz nicht zu schlimm wird. Und doppelt Daumen drücken, dass die Mädels nicht genauso heftig auf sowas reagieren wie der Göttergatte.

Wir frühstücken in der Casa Loncho und können uns so noch von unseren brasilianischen Freundinnen verabschieden, die auf Zeitmangel ein Taxi bis Finisterre nehmen. Wir laufen los, der Morgen startet an seichten Bachläufen und durch duftende Eukalyptuswälder, bis wie an einer kleinen selbstgebauten “Kapelle” mit traumhaftem Ausblick ankommen, die voller Erinnerungsstücke, Muscheln, Steine und Fotos steckt. Die Mädels hopsen und springen über angenehm zu laufende Schotterwege, es geht mal leicht bergauf, mal leicht bergab – ein krasses Gegenteil zu dem, was uns später am Tag erwarten wird.

Wir muhen mit den Rindern und blöken mit Schafen um die Wette und beobachten, wie die Zahlen auf den Kilometersteinen immer weniger werden. In Hospital gönnen wir uns nach 5 km eine längere Pause mit Kaffee, Saft und Toilettengang, da für die nächsten 15 km keinerlei Möglichkeit zur Einkehr geben wird – bis Cee ist dies die letzte Bar. Die Mädels stauben mal wieder einen Lollie ab und die Barfrau möchte die beiden kaum gehen lassen. Wie immer ziehen wir die Aufmerksamkeit auf uns, eine deutsche Pilgerin interessiert sich für unseren Weg, staunt und lauscht und scannt den QR-Code, den wir während der gesamten Reise gut sichtbar an der Fahnenstange hängen haben. Er verlinkt die Suchenden schnell auf Instagram, Facebook, diesen Blog und unsere Spendenaktion auf betterplace.

Kurz darauf treffen wir auf die Kreuzung, an der Pilger sich entscheiden müssen, ob sie nach links nach Finisterre weiterlaufen oder aber nach rechts Richtung Muxia. Wir folgen dem linken Weg und wandern ab da für viele Kilometer über eine Schotterpiste, die nahezu keinen Schatten spendet.

Wir treffen auf wenige Pilger – nach den Massen auf den letzten 100 km vor Santiago de Compostela ist das eine echte Erholung. Erstaunlicher Weise sind es aber doch einige, die uns entgegen kommen und vermutlich nach Santiago zurück laufen.

Die steigende Hitze des Tages macht uns mehr und mehr zu schaffen, die Mädels sitzen oft im Croozer, sodass wir voran kommen, müssen bei Aufstiegen aber doch nicht selten aussteigen. Und auf einmal tut sich der Wald auf und wir können einen ersten richtigen Blick aus Meer, auf Cee, Finisterre und sogar den Leuchtturm am Kap Finisterre werfen. Das Tagesziel und morgige Gesamtziel vor Augen zu haben spornt an und gibt nochmal Kraft für die restliche Strecke.

Wir kommen an einem Pilgerbrunnen vorbei, der uns kalte Kopftücher und damit angenehme Abkühlung beschert, bis es an die große Aufgabe des Tages geht. Wir wissen noch aus 2015, dass der Abstieg nach Cee nicht ohne ist – damals habe ich nicht genügend aufgepasst und mit mein Knie für die letzten tage versaut. Das soll dieses Jahr bitte nicht passieren.

Es geht merklich bergab. Erst weniger, dann immer steiler, sodass wir echt vorsichtig sein müssen. Gert versucht sich und den Croozer heil bergab zu bekommen, die Maxi-Räubertochter kommt mittlerweile mega gut mit dem Wanderstock zurecht und schafft es, mit nur einmal auf den Hosenboden zu plumpsen, das steile Stück sehr vorsichtig zu meistern.

Die Mini-Räubertochter läuft an meiner Hand, stolpert ums ein oder andere Mal, sodass ich gehörig schauen muss, nicht selbst das Gleichgewicht zu verlieren.

Wir schaffen es ohne größere Stürze, aber doch mit wackeligen Beinen bis zu den ersten Häusern von Cee und können es gar nicht erwarten, endlich in einer Bar das verdiente Eis und Kaltgetränk zu genießen. Uns kommt eine junge Frau entgegen, die wir auf dem Höhenweg schon zweimal getroffen haben: Sie reicht den Mädels zwei Päckchen Kakao, strahlt und sagt auf Spanisch: “Für die beiden Champions!”

Nachdem wir uns ein wenig erholt haben suchen wir auf den letzten Kilometern durch die Stadt unser Hotel, checken ein, erholen uns etwas und wollen dann schnell die Füße ins kalte Meer strecken. Auch hier öffnet die Küche in den meisten Restaurants erst zwischen 19 Uhr und 20:30 Uhr – der Horror für hungrige Pilger! Wir überleben aber doch irgendwie bis vor uns leckere Pizzen stehen, gehen noch einkaufen für morgen und fallen dann wohlverdient ins Hotelbett.

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