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23. Tag laufend, Pedrouzo

Jakobsweg: Pedrouzo

Ich hatte einen ganz wundervollen Abend mit Catherine in Arzúa, sie hatte tolle Pasta, weil selbstgekocht, ich widerliche Pasta, weil Mikrowellenfraß. Aber die Flasche Bier und die Flasche Wein, die wir uns geteilt haben, waren ganz wunderbar, die Gespräche unter dem Sternenhimmel über Gott und die Welt, über andere Pilger, über uns, über unser Leben und unsere Erfahrungen und Gefühle auf dem Camino waren einmalig und haben sehr gut getan (Catherine, I am sure you are going to visit this blog, so: Thank you so much for this wonderful evening in Arzúa! Buen camino!!!).

Wir beide hatten Furcht vor einem weiteren Abend unter spanischen Horden, die uns nicht an ihrer Runde teilhaben lassen, die uns nicht verstehen und die wir nicht verstehen. So sind wir unter uns geblieben, und das war auch mal sehr schön.

Die Nacht war für mich sehr angenehm, da die Oropax mal wieder ihren Dienst getan haben. Andere Mitpilger hatten hatten dank des katholischen Priesters und seiner Schnarch-Vorstellung eher weniger Spaß – und das trotz Oropax. Also Papa: Abermals Dank für diese kleinen Wunderdinger. Die haben mir nun schon öfters Laune und Schlaf gerettet!

Heute morgen hab ich es etwas langsamer angehen lassen als Catherine, sie hatte vor, es bis Monte de Gozo zu schaffen, um die anderen zu treffen und ihren Zeitplan einzuhalten. Ich dagegen hatte nur 20 km vor der Brust, konnte also gemütlich meinen grande Café solo geniessen und mich ein bißchen mit den anderen deutschen Pilgern austauschen. Als es langsam hell wurde, bin ich dann auch los – regenfest, versteht sich, es war übelstes Wetter angesagt. Das sollte sich auch schnell bewahrheiten, es goss wie aus Eimern. Nasser werden ging bald nicht mehr. Das war mehr als letzten Sonntag beim Abstieg vom O Kriepero und machte auch weniger Spaß. Ich war zwar nicht sehr übellaunig, doch hat’s einfach bald gelangt, als die Dorfstraßen nicht mehr als Straßen zu erkennen waren, sondern nur als Sturzbäche und nahezu reißende Flüsse. Man konnte da einfach nicht mehr trockenen Fußes drüber kommen, das war fast ein Waten bis auf Knöchelhöhe – und das auf Straßen und Wegen. Ein wenig gute Laune haben dafür die tollen Eukalyptuswälder beschert. Da hindurch zu laufen bei Regen ist schon echt was besonderes, dieser Duft ist einmalig, und die hohen Stämme – das war wirklich ein schönes Bild. Leider musste ich wieder alles so regenfest wie nur irgend möglich verpacken, daher gibt es leider nur zwei Bilder von diesem Tag.

Meine Hose hatte heute wohl um die 7 kg Wasser aufgesogen, die ich mit rumschleppen durfte, meine Schuhe waren ein einziger Swimmingpool. Die letzten 5 km bin ich mit vollen (!) Schuhen gelaufen, die Anstrengung in Schlamm und Laub kann man sich vorstellen – oder auch nicht.

Nach 20 km bin ich dann als erste in der Herberge in Pedrouzo eingelaufen, konnte also in aller Ruhe duschen, meine Wäsche für ne Stunde in den Trockner werfen, alles aufhängen, mir mein Bettchen aussuchen und erst einmal auftauen.

Habe mich dann mal eben über die Straße gewagt und zwei Gläser Wein zum Aufwärmen gegönnt, aber auch um die Wartezeit der Siesta zu überbrücken. Meine tolle Schmerzcreme, die mir Gil liebenswürdigerweise in La Faba geschenkt hatte, neigte sich nämlich dem Ende zu und ich musste unbedingt die spanische Version finden. Gestern hat man mit nämlich ein anderes Zeuch als Spray verkauft, das weder wirkte noch duftete. Dazu haben sich meine Stiche scheinbar entzündet, zumindest werden sie größer, roter und nerviger. Ich versuche sie schon so gut es geht, zu überdecken, aber da muss ja nun endlich mal was dagegen getan werden. Wer weiß, was für eine Mückenart mich da erwischt hatte. Normalerweise reagiere ich nicht so krass auf Mückenstiche, und ich bin schwedische Mücken gewöhnt! Heute morgen wurde mir auf jeden Fall abermals von einer deutschen Pilgerin bestätigt, dass es definitiv keine Bettwanzen-Bisse sind. Na immerhin.

Der gute Apotheker hat sich wirklich bemüht, mir eine Creme gegen die Stiche vermacht und dazu – oh Wunder – genau die Creme, nach der ich gesucht habe. Ich freu mich so, mehr als äber die Vanillemilch, die ich gerade im Supermarkt erstehen konnte. So etwas Kleines, aber doch freue ich mich sehr darüber.

Habe vorhin beim Aufwärmen wieder ein bißchen in dem Pilgertagebuch gelesen, dass ich in La Faba gefunden hatte und bin abermals aus dem Staunen kaum heraus gekommen. Gedanken und Gefühle, Lacher und Tränen, die ich heute hatte, beschreibt sie gerade auf den drei Seiten, die ich vorhin gelesen habe. Langsam gruselt es mich ein wenig. Aber dies scheint, genau wie manche Begegnung, die ich hier gemacht habe, manche Herberge, in der ich wohnen durfte und manches Naturschauspiel, das ich erleben konnte, eines dieser spirituellen Geschenke zu sein, die ich erhofft hatte, nach denen ich mich gesehnt hatte, die ich auf meinen Camino erwartet hatte.

Es sind die kleinen Dinge, die hier den Ausschlag geben. Ein bekanntes Gesicht, ein “Hola” mit einem Lächeln im Vorruebergehen, ein Spanier der Englisch spricht, ein nicht ganz so kalter Rotwein, ein leckeres Essen, ein warmes Bett, keine Blasen, eine liebe SMS, nette Kommentare im Blog, ein freundliches und ernst gemeintes “Buen Camino” eines Ortsansässigen, ein ‘nur noch 1 km bis zur Alberge’-Schild im strömenden Regen, ein funktionierendes Bussystem trotz Feiertag – braucht der Pilger mehr?

Jakobsweg2010_Pedrouzo2

Morgen geht’s in die Massenanstalt nach Monte de Gozo – 3.000 Betten, eine kleine Pilgerstadt auf dem Berg der Freude nur 5 km vor Santiago. Dort nächtige ich dann, werde am Sonntag in der Früh nach Santiago reinkommen und rechtzeitig zur 12 Uhr Messe in der Kathedrale ankommen. Und der Camino ist dann noch nicht vorbei. Schön ist in jedem Fall die Aussicht, dass das Wetter ab Montag besser bis richtig schön werden soll. Das bedeutet zwar abermals Regen für morgen, aber für die ‘richtigen’ Lauftage (16 km ist doch ein Pipiklacks) ist Sonne angesagt. Toll. Einfach toll!

Allerliebste Grüße an euch alle, ich hoffe, es geht euch gut. Ihr, die Ihr euch so selten oder gar nicht meldet und nur lest: Wie gehts euch? Alles in Ordnung?

Ich knutsch euch!

11 Kommentare

  1. Hallo Denise,

    Great to hear from you and read about your adventure on the Camino today! I, for one have switched to the english language, because that is easyier.

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  2. Reading about your walks every day is great! And I hope that the remaining days are dry, so no rain.
    Sunday you will arrive in Santiago de Compostela! That is great Denise! Do not forget why you ever began this journey!
    und jetzt mahl wieder auf deutsch, Geniess Denise, und Du hast es bald geschafft! Ich moechte noch mahl wiessen warum Du dieser Camino gelaufen hast!
    Aber die ankunft in Santiago sollst Du Dich erinnern!

    Gruessen aus Hollansd

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  3. Hey Denise, eigentlich musst Du noch weiter laufen 😉 Es ist so toll und interessant hier jeden Tag Deine Berichte zu lesen!! Wir freuen uns aber natürlich total, wenn Du wieder da bist, merkst ja das wir dringend Deine Unterstützung hier brauchen 🙂 Fühl Dich gedrückt! Liebe Grüße, Tina

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  4. Hola Denise,
    habe gerade mit Erstaunen festgestellt, dass ich schon 3 Tage nicht mehr in deinem Blog war. Unverzeihlich – aber dafür hatte ich dann jetzt mehr zum Lesen. 🙂
    Morgen gehts dann schon in den Enndspurt – Santiago ruft.
    Ich wünsche dir neben dem erhofften guten Wetter noch ein schönes Auslaufen mit deinen “special friends”.
    Viele liebe Grüsse und
    Buen Camino
    Thomas

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  5. Hi, meine Liebe… ich sitze hier gerade wie gelähmt vorm Bildschirm und habe mich ( leider heute erst) fast durch alle deine Berichte gelesen, tolle Bilder und schön, dich zu sehen … was soll ich sagen? Du bist so mutig und ein klein wenig beneide ich dich in diesem Moment um deine Erlebnisse. Für den letzten Wegabschnitt wünsche ich dir wunderschönes Wetter und ganz viel Kraft … ich drücke dich, medea ausm Lush-Forum

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  6. Auf der Internetseite des Films “The Way” heisst es grad, dass Martin Sheen und Sohn Emilio zur Messe mit seiner Heiligkeit..äh..Papa Bär ..äh.. also dem Benedict am 06.11. in Santiago sein werden… Du solltest also noch bleiben..;-)

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  7. Hola Denise,

    Wie war die ankunft in Santiago? Hast Du die 12.00 Messe geschaft? War der Botafumeiro auch
    benutz worden?
    Ich hab gelesen das Du die letzte 3 tagen nochmahl gehst.
    Ich bin gespannt noch etwas zu lesen!

    Gruessen aus Holland.
    Finistere definitiv nicht?

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  8. Nur ganz kurz: ich bin wieder in Portomarin, habe tolle restliche Tage, kann nur nicht bloggen. Weder Zeit noch internetfähige PCs. Mir gehts bis auf Schmerzen in Bein ausgezeichnet, diese sind aber fürchterlich. Vielleicht wirdder Muskelm aber heut abend durch eine prof. Massage entspannt, dann ist morgen alles ok. Mal sehen. Also: es geht mir wiundervoll, die Fabulous 5 are ok und super. Bin froh, zurück auf dem Weg zu sein! LiebeGrüße!

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  9. Huhu,

    na, wo steckst Du denn? Wir möchten doch gerne wissen, wie es Dir weiterhin ergeht/ergangen ist.

    Viele liebe Grüße,
    Elo

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